Feierliche Anmut

„Inderin mit Pfau“

Figur aus dem Hochzeitszug nach Entwurf von Adolph Amberg (1874-1913), 1910

Porzellan, weiß glasiert

KPM Berlin, Höhe 26 cm, Sockel 13 x 72, cm

Zu den Höhepunkten der 2019 in Schloß Wernigerode präsentierten Ausstellung „Art Déco. Kunst des Historismus?“ gehörte der im Festsaal präsentierte „Hochzeitszug“ von Adolph Amberg, den dieser im Hinblick auf die 1905 abgehaltene Hochzeit des damaligen deutschen Thronfolgers Wilhelm (1882-1951) mit Herzogin Cecilie zu Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) für die Königliche Porzellanmanufaktur in Berlin (KPM) entwarf. Wenngleich offenbleiben muss, inwieweit dieser tatsächlich für den genannten Anlass gedacht war und weshalb dem Kronprinzenpaar letztlich ein aus Silber gearbeiteter Tafelaufsatz als Geschenk zahlreicher deutscher Städte überreicht wurde, zeichnet sich der Amberg’sche Hochzeitszug durch eine herausragende gestalterische Qualität aus, die in mancherlei Hinsicht bereits die künstlerische Entwicklung der 1920er Jahre vorwegzunehmen scheint.

Der damals als Leihgabe des Berliner Kunsthändlers Ulrich Gronert (1945-2020) gezeigte Tafelschmuck umfasst 18 Einzel- und zwei Doppelfiguren sowie zwei sechsflammige Leuchter, die inzwischen für die Sammlungen von Schloß Wernigerode erworben werden konnten. Zusammen ergeben sie ein Ensemble, das ein auf einem Pferd bzw. Stier reitendes Hochzeitspaar sowie ihm folgende Männer und Frauen umfasst, die unterschiedlichen Ethnien entstammen und Geschenke darbieten. Wie bei seiner ersten öffentlichen Gesamtpräsentation auf der Großen Berliner Kunstausstellung im Jahr 1911 sind die Figuren ganz in Weiß gehalten, obwohl bereits damals eine farbige Bemalung vorgesehen und später auch ausgeführt wurde. Dennoch kommen gerade in der reinweißen Fassung die plastische Durchbildung und konsequente Stilisierung zum Ausdruck, die bereits Elemente des Art Déco erkennen lassen.

Die hier exemplarisch gezeigte „Inderin mit Pfau“ ist in einer anmutigen Schreitstellung dargestellt, wie sie sich – ihre Rechte seitlich hinten abgestützt – dem neben ihr gehenden Vogel zuwendet und ihn mit der linken Hand füttert. Ein von ihrem Kopf rückseitig herabfallendes langes Tuch betont die fließenden Formen und findet in der leicht gebogenen Federschleppe des Pfaus seine Entsprechung. Im Zusammenspiel mit den anderen Figuren ergibt sich daraus das ästhetisch fein aufeinander abgestimmte Gesamtbild einer vielgestaltigen, sich feierlich aufeinander zubewegenden Hochzeitsgesellschaft.

Das Objekt bei museum-digital: https://st.museum-digital.de/object/117236

Autor: Ulrich Feldhahn

Foto: Janos Stekovics