Im Wandel der Zeiten

Wandrelief aus Gusseisen mit einer Darstellung der vier Jahreszeiten nach Entwurf von Heinrich Moshage (1896-1968)

Kunstgießerei Lauchhammer, um 1930

Gusseisen, schwarz patiniert

ca. 30 x 53 cm

© Schloß Wernigerode, Inv.-Nr. FeKg000047

Einen Schwerpunkt der Sammlungen von Schloß Wernigerode bildet der umfangreiche Bestand an Erzeugnissen aus Eisenkunstguss, die sich im 19. und frühen 20. Jahrhundert großer Beliebtheit und Verbreitung erfreuten. Neben Objekten aus dem Hüttenbetrieb der Grafen und Fürsten zu Stolberg-Wernigerode in Ilsenburg sind zahlreiche weitere Produktionsstätten im Harz, aber auch die Königliche Eisengießerei in Berlin sowie die ursprünglich sächsische, ab 1815 preußische Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer in der Niederlausitz vertreten.

Letztere schuf ab den 1920er-Jahren mehrere Wandreliefs nach Entwürfen des aus Osnabrück stammenden, in München und Bad Warmbrunn ausgebildeten Bildhauers und Holzschnitzers Heinrich Moshage, der sich schließlich 1932 in Düsseldorf niederließ. Das vorgestellte Exemplar zeigt eine sinnbildliche Darstellung der vier Jahreszeiten.

In einer pyramidalen Komposition sind scherenschnittartig vier Personen nebeneinander gruppiert und zeigen von links eine sitzende junge Frau mit Blumengirlande neben einem Zweig mit Vögeln als Verkörperung des Frühlings sowie einen bärtigen Mann mit nacktem Oberkörper, der ein Ährenbündel trägt, seine Hand vor die Stirn hält und als Sinnbild des Sommers firmiert. Neben ihm steht eine Frau im Kleid mit einer Vielzahl großer Trauben in den Armen als Personifikation des Herbstes, während rechts ein alter Mann kniend ein Feuer entfacht und damit den Winter verkörpert.

Die Gestaltung des Reliefs und die Stilisierung der einzelnen Figuren lassen deutlich die Formensprache des Art Déco erkennen, wie sie auch ein Lehrer von Heinrich Moshage, der mit nur 26 Jahren zum künstlerischen Leiter der Nymphenburger Porzellanmanufaktur berufene Bildhauer Joseph Wackerle (1880-1959) vertrat. Im Jahr 2018 wurde unter dem Titel „Art Déco – Kunst des Historismus?“ eine große Ausstellung dazu in Schloß Wernigerode präsentiert, zu der auch ein umfangreicher Katalog erschienen ist.

Dieses sowie ein weiteres Relief in den Sammlungen von Schloß Wernigerode, das die vier Lebensalter zeigt, entstammen der privaten Sammlung von Dr. Gerhard Seib (1943-2016), dem langjährigen Direktor der Museen in Mühlhausen (Thüringen), der als großer Kenner auf dem Gebiet des Eisenkunstgusses hierzu zahlreiche bedeutende Stücke zusammentrug.

Näheres zu diesem Objekt und anderen digitalisierten Sammlungsbeständen erfahren Sie hier: https://st.museum-digital.de/object/47608

Autor: Ulrich Feldhahn